Mein Schlüsselerlebnis

Meistens ist es ja doch ein Schlüsselerlebnis, das einen Menschen dazu bewegt, etwas zu tun. So war es heute auch bei mir, vor nicht einmal einer Stunde. Die Übersetzung des Gorbatschow-Artikels war zwar schneller von der Hand gegangen, als ich eigentlich dachte, aber eine kleine Pause konnte ja trotzdem nicht schaden. Und was ist besser um komplett abzuschalten, als das früh-nachmittägliche Fernsehprogramm. Wenige Minuten durch den Dschungel der Privatsender zappen, und schon ist der Kopf leer, man ist eingelullt von Belanglosigkeiten. So war es auch heute: Talkshows, bei deren Betrachtung man sich im besten Fall fragt, ob es wirklich so viele so dämliche Menschen gibt, im schlechtesten Fall gebannt die Tragödie einer 21 Jährigen Mutter, die nicht weiß wer der Vater ihres Kindes ist, verfolgt. Brrr...Nichts wie weiter.
Dann gibt es da zur Zeit noch die Berichterstattung über und rund um Olympia, aber weder chinesische Hochzeitspaare noch die Glanzleistungen der amerikanischen Sportmediziner konnten mich wirklich fesseln. Gott sei Dank gibt es ja noch unsere hochwertigen Nachrichtensender mit ihren spannenden Dokumentationen. Neue Maßstäbe setzte da heute N24 mit einer Reportage über Ausnüchterungszellen und Obdachlose, die ob ihrer Ergebenheit dem Alkohol gegenüber, die Revierärztin zur Putzfrau degradieren.
Achja, das alles hätte so schön sein können. Hätte es, gäbe es da nicht die Laufbänder mit Eilmeldungen. Lufthansa-Traifkonflikt beigelegt. Russen bombardieren erneut Gori, georgischen Angaben zufolge. Georgien gewinnt zweite Goldmedallie.
Moment. GEORGIEN GEWINNT ZWEITE GOLDMEDALLIE ?!?! Dieses weltbewegende Großereignis gehört natürlich unbedingt in das rote Laufband eine deutschen Nachrichtensenders. Wurden wir auf die Art und Weise über Goldmedallien für Österreich oder die Schweiz informiert? Das wäre es aufgrund der geographischen Nähe ja noch zu verstehen. Aber Georgien.
Achja richtig, da war doch was. Von einem Krieg in Georgien und Russland als Aggressor wurde in den letzten Tagen die Auflagen und Einschaltquoten aus dem Sommerloch-Koma erweckt. Ein Schelm, wer hier einen Zusammenhang sieht und die Vermutung anstellt, es könne sich hierbei um den Versuch einer Solidarisierung der Bevölkerung handeln.
Ich jeden Fall tue das und bin deswegen auch stink sauer. Wo zum Teufel sind wir denn, dass diese Propaganda-Organe von deutschen Privatsendern sich erdreisten, Stimmung zu machen. Stimmung für eine Kriegspartei, die einen Krieg selbst auf völkerrechtswidrige Weise begonnen hat, wehrlose Zivilisten abgeschlachtet hat und jetzt die einschreitende Schutzmacht als Aggressor hinstellt.
Wie es scheint lag dieser korrupte, machtbesessene und von der US-Regierung gedeckte möchtegern Feldherr von Saakashvili ein seiner Einschätzung der Unterstützung aus dem Westen ja doch nicht so falsch. Denn wenige Minuten später schrieben ihm die Büttel von N24 auch gleich noch einen "Sieg" zu, den die Menschen feiern. Wo dieser sein soll haben sie allerdings nicht gesagt, und ich kann in diesem glücklicherweise auf ganzer Linie gescheiterten, heimtückischen Versuch eines ethnischen Säuberungs-Blitzkriegs auch keinen erkennen.
Hätten seine Bodyguards diesen Irren beim medienwirksamen Tieffliegerangriff nicht einfach erdrücken können? Dann wäre uns diese beginnende Propagandaschlacht wenigstens erspart geblieben.